Als Drummer bei Pissed but Sexy Immer weiter:
Auftritt mit Pissed but Sexy in Siegburg 2001
Cover Savage Tunes 1-3

"Pissed but Sexy", spielte melodischen Punkrock der schnellen Variante. Die Chemie zwischen den Bandmitgliedern stimmte und als noch ein passender Sänger gefunden war starteten wir richtig durch: Auftritte in der ganzen Republik, Studioaufenthalte, CD, Merchandiseartikel usw. Auch nahm ich die Idee des Gitarristen zusammen ein Fanzine zu machen freudig auf und bald brachten wir die erste Ausgabe von "Savage Tunes" heraus, ein gemäß des Wohnsitzes des Mitherausgebers nun aus Köln stammendes Zine, das eine Mischung aus einem herkömmlichen Musikfanzine und einem Egozine war.




Leider währte diese Hochphase (auch beruflich ging es bei mir bergauf) nicht lange, und kurz nachdem die erste CD von "Pissed but Sexy" erschienen war und ich mich in der Entstehungsphase der vierten Ausgabe von "Savage Tunes" befand erkrankte ich Ende 2002 überraschend. Nach mehrmonatigen Krankenhausaufenthalt wurde ich entlassen, allerdings war mein Gehör und damit auch Musik nun plötzlich unwiederbringliche Vergangenheit und Konzertbesuche wegen starker Gleichgewichtsstörungen ebenso. Da auch jegliche berufliche Betätigungen unmöglich geworden waren, war mein Leben so wie ich es kannte kaputt. Diese Erkenntnis sorgte in den ersten Monaten für depressive Gefühle , obwohl ich zu dieser Zeit noch nicht ahnte, welche langfristigen negativen Auswirkungen der Gehörverlust im sozialen Bereich haben würde.
    Früher kam mir der spruch "It´s more than music" relativ leicht über die Lippen, aber völlig anders sieht es aus, wenn man wirklich keinerlei Musik mehr hören, geschweige denn selbst machen kann. Bei Punk war neben der Musik eine Art von selbstgewählter gesellschaftlicher Außenseiter zu sein von Bedeutung, jemand zu sein der sich durch sein Äußeres von den meisten Menschen unterschied. Durch die Erkrankung war ich ein erzwungener Außenseiter geworden, in einem Maße, dass mir mein vorheriges Außenseitertum wie eine launische Spielerei vorkam. Auch mich mit auffälliger Kleidung und Frisur in der Gesellschaft zu bewegen um mich gewollt von den anderen Menschen zu unterscheiden wurde sinnlos. Für jemanden der nur in seltenen Fällen das Wohnhaus verlassen kann, spielen Gesellschaft und Mitmenschen nur noch eine extrem geringe Rolle. Außerdem gefiel mir die Vorstellung nicht, mich gekennzeichnet durch die Kombination Rollator/Lederjacke durch die Innenstadt zu schleppen.



Nach Absolvierung einer zweiten (gesundheitlich wirkungslosen) Rehabilitationsmaßnahme im Herbst 2004 hatte ich mich soweit an die veränderten Lebensumstände in meinem persönlichen Alltag gewöhnt, dass meine Lieblingsbeschäftigung des Erzählens von Geschichten wieder mein Denken dominierte. Das konnte allerdings nur schreiberisch geschehen, da verbale Erzählungen unmöglich geworden waren.Nachdenken Als erstes begann ich angefangene und nie vollendete Kurzgeschichten fertigzustellen, außerdem schrieb ich einige vor langer Zeit ersonnene aber nie zu Papier gebrachte Storys nach gespeicherten strukturierten Notizen mit Ablaufplan und allen wichtigen Details, eine Vorgehensweise die es ermöglicht eine Story erst Jahre nach der Grundidee zu schreiben. (Eine solche Story ist "Kurzzeitgäste", die jahrelang nur als Notizdatei existierte und die ich erst 2008 fertigstellte.)

Wurmterror

In dem Buch geht es um einen Punk Ende der achtziger Jahre der eine Wurmzucht aufbauen möchte und durch einen blöden Zufall unter Terrorverdacht gerät. Bis auf alles was mit der Punkszene zu tun hat ist diese Geschichte reine Fiktion, ebenso der Punk der Würmer züchten möchte. Die Grundidee zu dieser Geschichte hatte ich damals als mir eine Freundin erzählte seit einigen Wochen in einer Wurmzuchtfarm zu arbeiten. Ich fand die Vorstellung eines sich aufopferungsvoll um Regenwürmer kümmernden Punk ziemlich amüsant und hatte den Einfall jenes mit meinen Erlebnissen in der Punkszene zu verbinden. Wenige Jahre später erschienen die ersten Teile dieser immer länger werdenden Geschichte als Fortsetzungen im Bonner "Suburbia"-Fanzine. Damals hieß sie noch "Meia, Hotte und Co. KG" und war als eine Art von Bullenverarsche gedacht, denn in den Jahren nach der Wiedervereinigung fielen die einseitige Blickrichtung der Politischen Kriminalpolizei und deren ständige Suche nach Linksterroristen besonders auf. Jedoch hatte ich irgendwann keine Lust mehr weiterzuschreiben, und die halbfertige Geschichte lag bis zum Jahre 2005 unberührt auf meiner Festplatte, bis ich sie dann endlich fertigstellte. Danach änderte ich den Namen in "Wurmterror" und überarbeitete sie mehrmals um eine druckreife Version zu erstellen.

Wurmterror

Interessant finde ich eine Aussage von mir die ich im Rahmen eines Interviews im Berliner Fanzine "Pankerknacker" 2007 tätigte: "… Als meinen größten Traum bezeichne ich es, irgendwann einmal eine gedruckte Buchform von "Meia, Hotte und Co. Kg“ vor mir liegen zu haben. Aber ich bin mir sicher, dass es irgendwann so sein wird. Dazu brauche ich nur an meine Jugend denken, in der die Parole "Träume wahr machen“ oft genannt wurde. Und in der Vergangenheit habe ich es oft geschafft. Echt." (Wer das komplette interview lesen möchte: Der Gesamttext ist in meinem Buch "Jahrzehnt der Wechseljahre" abgedruckt.) Es dauerte zwar etwas, aber am Ende klappte es doch und 2013 lag die ehemalige "Meia, Hotte und Co. Kg“ als gedrucktes Buch vor mir.

    Außerdem eröffnete sich mir 2004 die Möglichkeit monatliche Kolumnen im Internet auf der Seite Onlinezine.de zu veröffentlichen. Diese Chance nutzte ich natürlich um den Seitenbesuchern sarkastische Kommentare und Erinnerungen anzubieten. Später kamen auch Kurzgeschichten und ähnliche Texte hinzu. Ihr könnt das alles auch lesen, den alle jemals auf Onlinezine erschienen Texte habe ich in dem Buch "Ich spreche fließend zynisch" zusammengefasst, welches ihr einfach downloaden könnt.
    Aber ich vollendete nicht nur angefangene Short-Stories und schrieb einige Neue, sondern entschloss mich Anfang 2005 auch den halbfertigen Roman "Meia, Hotte und Co. KG" endlich zu Ende zu führen. Bevor ich mit dem Schreiben begann erschien es mir wegen der Dimensionen wie eine wahre Herkulesaufgabe und ließ mich davor zurückschrecken, aber als ich mich endlich zu einem Tätigkeitsbeginn durchgerungen hatte war es wie immer: Wenn man erst einmal angefangen hat ist alles halb so wild wie vorher vorgestellt, das Schreiben machte Spaß und neue Ideen zu der Geschichte stellten sich wie automatisch ein. "Nichts wird so heiß gegessen wie es gekocht wird", heißt es im Volksmund, ein Spruch, der den Wahrheitsgehalt seiner Aussage nicht nur in diesem Fall erneut bestätigte.
    Nachdem ich mit der "Meia, Hotte und Co. KG" fertig war wandte ich mich wieder dem Vorhaben Erlebnisse aus der Vergangenheit in Kurzgeschichtenform zu erzählen zu. Manchmal stank es mir etwas immer nur von früher zu erzählen , schließlich bin ich kein Mensch der sich gedanklich nun ausschließlich in seiner Vergangenheit aufhält. Aber um gute Stories zu schreiben ist dies unumgänglich, weil ich früher viel mehr erlebte und nicht wie jetzt banale Ereignisse Tages- oder Wochenhöhepunkte geworden sind. Wenn man jahrelang nur alleine in einem Zimmer sitzt erlebt man nicht sehr viel. Aber der Hauptgrund ist, dass ich zwar schon eine Kurzgeschichte über ein jetziges Geschehnis schrieb, diese aber gelinde gesagt langweiliger Bullshit war, da wenn in einer Geschichte keinerlei wörtliche Rede vorkommt oder keine akustische Eindrücke beschrieben werden können fehlt so einer Story ein sehr wesentlicher Bestandteil. Also verlegte ich mich notgedrungen auf das Erzählen von Erinnerungen aus Zeiten in denen das Leben noch lauter war.
    2007 eröffnete sich mir die Möglichkeit im Berliner Punkfanzine "Pankerknacker" regelmäßig Kurzgeschichten zu veröffentlichen. Nachdem die erste Geschichte zusammen mit einem Interview mit mir erschienen war, folgten noch sieben weitere Short-Stories bis sich mir diese Publikationsmöglichkeit 2009 überraschend wieder verschloss. Außerdem schrieb ich drei themenbezogene Beiträge für das im Berliner Verlag "Archiv der Jugendkulturen" erschienene Buch "Keine Zukunft war gestern", einer ausführliche Historie der deutschen Punkbewegung (näheres siehe Kasten). Bei der Arbeit an den Buchtexten zeigte sich erneut ein praktischer Vorteil meiner seit Jahrzehnten dominierenden Schreibneigung: Da ich noch sämtliche jemals von mir herausgegebene Fanzines besitze, bin ich beim erzählen früherer Ereignisse nicht nur auf meine Erinnerung angewiesen, sondern kann in den Heften nachlesen was damals passierte und wie ich vor Jahrzehnten darüber dachte. Das ist sehr von Vorteil.
    Zu Beginn des neuen Jahrzehnts stellte ich alle schreiberischen Projekte vorläufig zurück, da Wohnungssuche und ein möglicher späterer Umzug oberste Priorität genossen, einfach wichtiger waren. Nach zweijähriger Sucherei war endlich eine behindertengerechte Wohnung gefunden und seit einer finalen Umzugsanstrengung lebe ich in einer deutlich größeren Wohnung als vorher, in der ich mit meinen durch die Erkrankung geminderten Fähigkeiten besser zurecht komme. ( Labern Labermeia: Vor dem Umzug trennte ich mich von allen überflüssig gewordenen Dingen, tauschte u.a. meine Plattensammlung (etwa 200 LPs) gegen vier schwere Mauersteine. Die Vinyltonträger dienten mir lediglich nur noch als Fußgewicht für Regale, die nötig sind um diese am Umkippen zu hindern. Vier Steine erfüllten den gleichen Zweck, nahmen aber deutlich weniger Platz weg. Hören kann ich die Platten sowieso niemals mehr, und Erinnerungen habe ich im Kopf, nicht im Regal, also konnten sie weg.)
    Danach beanspruchte die Erstellung digitaler Druckvorlagen für meine Bücher (Erläuterung BoD-Kasten nächste Seite) jegliche Energie, und ich machte einen Traum von mir wahr und konnte 2013 endlich die "Wurmterror" als gedrucktes Buch in den Händen halten. Anschließend widmete ich mich der Produktion dieser Seite, was hiermit fast erledigt und hoffentlich bald ganz erledigt ist. Mittlerweile freue ich mich richtig darauf wieder mit dem Schreiben anzufangen, und als erstes möchte ich eine Geschichte fertigstellen deren Ablauf ich schon vor Jahren in einer Notizdatei festlegte. Es wird echt Zeit diese mal zu (digitalen) Papier zu bringen. Was danach kommt weiß ich noch nicht, aber da ich noch viel zu erzählen habe und es mir in keinster Weise an Stoff dafür mangelt, umtreiben mich keinerlei Befürchtungen in ein kreatives Loch zu fallen. Also kann man da eher von einer "Qual der Wahl" sprechen, und außerdem fällt mir immer etwas ein. Tatenlosigkeit ist langweilig. Lassen wir uns also überraschen...