In den ersten zwei Jahren nach meiner Erkrankung machte mir die ständige Geldnot sehr zu schaffen. Neben einer geringen Rente (Labern Labermeia: Kein Wunder. Wenn man mit 39 Rentner wird sind keine monatlichen Riesenbeträge zu erwarten)stand mir nur ein für knapp dreieinhalb wöchentliche Einkäufe reichendes Wohngeld zur Verfügung. Da allerdings oft irgendein Computerteil kaputt ging oder ein neues gekauft werden musste brauchte ich zusätzliches Geld für neue Hardware. Dies konnte ich mir mehrmals beschaffen, indem ein Freund von mir einige meiner alten Punksingles bei eBay versteigerte (darunter waren richtige Raritäten wie die erste Slime-EP und eine Misfits-Single). Es war zwar ein komisches Gefühl diese mir im Lauf der Jahrzehnte ans Herz gewachsenen Platten zu verkaufen, aber schließlich machte ich es doch, weil ich sie ja nie wieder hören konnte, sie also unnütz für mich waren. Mit einer zum Beispiel zusätzlichen Festplatte konnte ich im hier und jetzt aber wirklich etwas anfangen.
  Da mich außerdem der Wunsch endlich auf Windows verzichten zu können und stattdessen Linux zu verwenden umtrieb, experimentierte ich mit diesem Betriebssystem herum, las ein dickes Linuxbuch, scheiterte aber immer wieder an einer fehlenden Netzwerkeinbindung. Schließlich gelang es mir, aber schon ein Jahr später hatte ich vergessen wie ich dies genau gemacht hatte und das alte Problem entstand wieder, so dass ich irgendwann keine Lust mehr hatte mich mit Linux zu beschäftigen. Aber seitdem ich WLAN habe und mehrere USB-Sticks besitze ist dieses Problem sowieso nicht mehr von Bedeutung.
   Als ich 2005 statt ein wenig Wohngeld einen deutlich höheren Grundsicherungsbetrag bekam besserte sich langsam meine finanzielle Lage. Ich hatte öfter Geld für neue Hardware übrig und schon bald enthielten die Gehäuse meiner beiden Computer keinerlei Originalteile mehr. Obwohl das Eindrehen von Schrauben durch die Kombination defekte Feinmotorik + beeinträchtigter Abstandssinn (gehört zum Gleichgewicht) zu zeitraubenden und nervigen Aufgaben wurde, schaffte ich es alle im Laufe der Jahre auftretenden Störungen zu beseitigen.
  Es gelang mir immer ein neues Computerteil in einem bestehenden System zum Laufen zu bringen, obwohl mir die Wissenerlangungsmöglichkeiten der Arbeit im Computerladen fehlten. Trotzdem sah ich meinen momentanen Wissenstand als größer als den am Ende meiner Umschulung an, freute ich mich über die Tatsache mehrere Jahre lang die selbstgestellte Aufgabe der ständigen Funktionsfähigkeit mehrerer vernetzter Rechner erfolgreich bewältigt zu haben.
   Anfang 2012 ergab sich endlich die Möglichkeit zu einem Umzug in eine größere und behindertengerecht ausgestattete Wohnung. Als die damit verbundenen Arbeiten erledigt waren, nutzte ich die Gelegenheit zu einem Neuanfang, stellte meinen Hauptrechner auf das neue Windows 7 um, ersetzte das bisher genutzte Kabelnetzwerk durch ein auf Funktechnik basierendes WLAN. Außerdem beschloss ich eine eigene Website zu erstellen um meine Texte anderen Menschen zum Lesen anbieten zu können.
  Es überraschte mich nicht, dass mein vor zehn Jahren auf der Berufsschule erlangtes Wissen über HTML höchstens noch die Grundlagen dieser Seitenbeschreibungssprache bot, sehr viel Neues seitdem hinzukommen ist. Die Websitegestaltung ist viel komplexer geworden, von PHP, Javascript, Datenbanken und ähnlichem war damals nie die Rede gewesen. Allerdings hatten wir uns damals im Rahmen des Schulunterrichtes im Fach Anwendungsentwicklung nur genau eine Doppelstunde mit HTML befasst, den Rest der Zeit in C++ programmiert, und diese Sprache ist ähnlich abstrakt und mathematisch wie Java. Da ich schon damals immense Schwierigkeiten mit C++ hatte, versuche ich es mit Java erst gar nicht, zu ähnlich sind sich beide. Aber HTML und CSS sind deutlich leichter zu lernen und nach einigen Monaten des Probierens stellte ich meine erste Seite ins Netz. Allerdings war jene sehr rudimentär, enthielt kaum Text, was mir als alten Fanzineschreiber recht ungewöhnlich erschein, war doch früher stets ein gewisses Maß an Selbstdarstellung Normalität gewesen. Jenes möchte ich ändern, die alte Seite durch eine neue ersetzen, und wenn ihr das hier liest ist es mir gelungen.
   Überrascht war ich allerdings, als ich in einem recht neuen Buch über Computertrends las, dass die Virtualisierung von Betriebssystemen und ganzen Computern das nächste große Ding seien. Kaffee_am_Rechner So wie ich in HTML wissenstechnisch hinterherhinkte, war ich bereits vor über zehn Jahren meiner Zeit bei der Nutzung von virtuellen Maschinen etwas voraus gewesen, denn seitdem setze ich derartige physikalisch nicht vorhandene Computer routiniert ein und profitiere von den Vorteilen dieser Technik. Im Moment besitze ich vier hardwarebasierte Computer, einen Arbeits-, einen Back Up-Rechner und zwei weitere, sowie sieben bis neun ebenfalls in mein Heimnetz eingebundene virtuelle Rechner. Der optisch eindrucksvollste davon ist ein Rechner, der mit Absicht ohne ein Gehäuse bleibt damit ich schnell und ohne zu Schrauben neue Ersatzteile auf ihre Funktion testen kann. Ein Photo von dem Teil habe ich auch:
   Von dem zurückerhaltenen Geld der hinterlegten Kaution für die alte Wohnung verwirklichte ich mir den Wunsch auch einen passenden Computer im Schlafzimmer zu haben und erwarb die Bestandteile für einen HTPC. Dies ist ein besonders kleiner, liegender Rechner, der oft in Wohnzimmern als Fernseher-Ersatz eingesetzt wird.
  Abschließend sei zu sagen, dass ich zwar ein Smartphone und einen E-Book-Reader besitze und über die Anschaffung eines Tablet-PC nachdenke, aber mit Sicherheit werden normale PCs die von mir vorrangig benutzten Geräte bleiben. Leistung und Komfort bei der Bedienung spielen hierbei eine Nebenrolle, entscheidend ist, dass ich defekte oder nicht mehr benötigte Teile selbst ausbauen kann und es alle Ersatzteile im Computerhandel gibt, man ein solches Gerät nicht wegen irgendeines Defektes einschicken muss weil nur der Hersteller über Ersatzteile verfügt. Das ist für mich das Wichtigste.